Seit letzter Woche diskutiert ganz Deutschland über diese Frau: Bibiana Steinhaus. Die Marslandung hätte wahrscheinlich keinen größeren Sensationswert gehabt als die Nachricht, dass „unsere beste Schiedsrichterin“ (wie sie die Bildzeitung schon 2011 bezeichnete) nun in der ersten Fußball-Bundesliga pfeifen darf. Und ähnlich wie die Sinnfrage der Marslandung – muss der Mensch denn alles erobern? – fällt bei der Steinhaus-Beförderung immer wieder der Satz: müssen Frauen auch noch in der letzten Männerdomäne mitmischen? „Welt“-Autor Oskar Beck beendete seinen Artikel „Machos, aufgepasst – Blondinen pfeifen besser“ mit folgendem Absatz: „Wir Männer haben den Fußballkrieg der Geschlechter verloren. Frauen fahren inzwischen den Mannschaftsbus, Frauen machen die TV-Interviews auf dem Platz, und jetzt droht uns vollends der K.o. in Form der Frage: Pfeifen Blondinen besser? Viele glauben, dass Bibiana Steinhaus ihren Mann steht.“

 

Ich bin keine Fußball-Expertin aber erlaube mir trotzdem die Frage: Worin besteht eigentlich die Sensation? Wenn ich richtig informiert bin, pfeift die 38-Jährige seit 2007 regelmäßig Spiele in der 2. Bundesliga – der Männer wohlgemerkt. Sie leitete DFB-Pokalspiele und stand als 4. Offizielle in der 1. Bundesliga an der Seitenlinie. Ein internes Ranking der Saison 2015/16, aus dem sie mit der besten Schiedsrichterleistung der 2. Bundesliga hervorgegangen sein soll, bewies: Bibiana Steinbach macht ihren Job mindestens genauso gut wie ihre männlichen Kollegen. Es wäre genug Zeit gewesen, um sich mit der einzig logischen Konsequenz anzufreunden: ihre Beförderung in die 1. Bundesliga.

 

Ich sehe ein, dass im Kader von Schalke 04 keine Frau auftaucht, weil es Dinge gibt, bei denen es physiologisch betrachtet keinen Sinn macht, wenn Frauen und Männer konkurrieren. Aber ich verstehe nicht, warum überhaupt darüber diskutiert werden muss, wenn eine Frau, die offenbar alle sportlichen Anforderungen erfüllt, die ihr Können jahrelang bewiesen hat und der die Qualifikation von oberster Stelle bescheinigt wurde, in der ersten Liga pfeift. Wir haben eine Frau, die unser Land regiert, Frauen die Konzerne leiten, Ingenieurinnen, Pilotinnen und Schreinerinnen. Und es hat sich gezeigt: sie alle machen es nicht schlechter – oder besser – wie ihre männlichen Kollegen.

 

So. Daraufhin fällt Mann meistens nur noch das Totschlagargument ein: Kann es nicht eine letzte Sache geben, bei der wir Männer unter uns bleiben können? Sagen Frauen das denn auch beim Zumba? Oder im Nagelstudio? Oder beim Pilates mit Baby? Nein, wir freuen uns, wenn sich ein Mann dorthin traut. Lächeln ihn nett an, versuchen ihn ins Gespräch zu integrieren, damit er sich nicht ausgeschlossen fühlt. Fragen interessiert nach, ob es ihm denn gefallen habe und er wieder komme. Habe ich alles schon erlebt. Würden wir uns wundern, wenn ein Mann eine Ballerina trainiert? Oder als Keynote-Speaker auf einer Frauenkarrieremesse auftritt? Nicht wir Frauen.

 

Mir dünkt, als seien Frauen in dieser Hinsicht oft ein bisschen cooler als Männer, toleranter, offener. Haben vielleicht weniger Angst, dass ihnen etwas von der anderen Spezies weggenommen wird – was sich mit Sicherheit evolutionär und revolutionär erklären lässt. Und sie sind damit offenbar universell auf dem Vormarsch – wie die eingangs erwähnte Männer-Fußball-Apokalypse des „Welt“-Autors zeigt. Der Rückschluss? Vielleicht sollten Männer öfter mal ihr Leben chillen und ihre Energie dazu nutzen, sich über Steinhaus‘ Schiedsrichter-Entscheidungen aufzuregen, anstatt über ihr Geschlecht. Manchmal eröffnen sich dadurch ganz neue Perspektiven. Zumba kann zum Beispiel wirklich Spaß machen…

 

Autorin: Julia Schmid