Eine Führungsposition bringt Verantwortung, Entscheidungsbefugnisse und Einfluss mit sich. Was zunächst nach einer privilegierten Position klingt, birgt aber auch große Herausforderungen. Vor allem in der immer komplexer und flexibler werdenden Arbeitswelt gehören klassische Führungskompetenzen zum Standard-Rüstzeug. Auf den Erwartungshorizont on top kommen Fähigkeiten und Eigenschaften, die komplett neue Dimensionen erreichen. Von zentraler Bedeutung ist es dabei, die Herausforderungen wahrzunehmen und daraus Chancen zu gestalten. Wie das genau gelingen kann, erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag.

 

Der Blogbeitrag ist ein Auszug aus dem neu erschienen Standard-Werk „Cross Mentoring“. Dr. Nadja Tschirner, Initiatorin des Memorandums für Frauen in Führung, hat darin einen Beitrag mit dem Titel „Regionale Cross-Mentoring Programme zur Führungskräfteentwicklung: Herausforderungen wahrnehmen – Chancen gestalten“ veröffentlicht. Es handelt sich um einen Sammelband, der die breite Vielfalt unterschiedlicher Mentoring Programme aufzeigt. Die Bandbreite reicht von Veranstaltern aus der Wirtschaftspraxis und Verbänden bis zu NGOs und Organisationen aus dem Gesundheitswesen.

 

Herausforderungen der Sandwich-Position

Führung verbindet Menschen mit Organisationen. Organisationen und Menschen haben grundverschiedene Interessen, genau das bekommen Führungskräfte in der Sandwichposition täglich zu spüren. Organisationen sind auf Gewinn ausgerichtet, unterliegen den Anforderungen des Marktes. Daher muss gewährleistet werden, dass Geschäftsprozesse aufrechterhalten werden können, auch wenn die Personen, die sie aufgebaut haben, das Unternehmen verlassen. Organisationen fordern von ihren Systemmitgliedern eine hohe Flexibilität, die sich an den zu bewältigenden Anforderungen orientiert. Mitarbeiter wollen aber einerseits zwar Arbeitsplatzsicherheit, Stabilität, regelmäßige Gehaltszahlungen, vielleicht sogar Anerkennung, fordern aber andererseits auch Flexibilität, die es ihnen erlaubt, die vielfältigen Herausforderungen, denen sie begegnen, bewältigen zu können. Auch wenn die Bedürfnisse der Menschen zunächst nicht relevant zu sein scheinen, so brauchen Organisationen aber Menschen, die bereit sind ihre Arbeitskraft sowie ihre Kompetenzen und Fähigkeiten zuverlässig und motiviert in ihren Dienst zu stellen. Beide „Systeme“, das menschliche sowie das organisationale brauchen einander.

 

Erwartungen an Führungskräfte

Die Frage was gute Führung ist, lässt sich heute jedoch nicht mehr so leicht beantworten. Denn Führung wandelt sich. Der Führungsalltag ist von hoher Komplexität und Unvorhersehbarkeit geprägt. Unternehmen, die noch vor drei Jahren eine 1-Jahres-Strategie erarbeitet haben, sind schon längst bei der 100 Tage Strategie angelangt. Die beschleunigte, globale Wirtschaft, die sich mit Digitalisierung, Neuausrichtung ganzer Branchen, demografischem Wandel und vielen anderen Themen auseinandersetzen muss, fordert heute von Führungskräften ständige Veränderung und damit auch Begleitung von Menschen in Veränderung. Die Führungskräfte, deren Unternehmen global im Wettbewerb stehen, führen Menschen rund um den Globus 24/7. Und im Land wird zeitgleich eine Auseinandersetzung darüber entfacht, was denn nun alles zu guter Führung dazu gehört. Neben Durchsetzungsstärke, Entscheidungsfreude, strategischem Denken, den Klassikern, tauchen heute zusätzlich Begriffe wie Empathie, Selbstführung und Vertrauen als Schlüsselwörter in der Führungsdiskussion auf.

 

Verunsicherung macht sich breit

So haben die Unternehmen längst erkannt, dass der beste Fachmann nicht auch die beste Führungskraft ist. Diese Diskussionen und Veränderungen gehen weder an alteingesessenen noch an frisch gebackenen Führungskräften spurlos vorüber. Verunsicherung macht sich breit. Viele erfahrene Führungskräfte haben eine stete Karriere in einem Unternehmen gemacht. Sie kennen ihre Unternehmenskultur und stellen nun sogar im eigenen Unternehmen fest, in dem sie an bereichsübergreifenden Workshops teilnehmen, dass Führungskräfte sehr unterschiedlich führen. Während die einen noch transaktional führen, also eher davon ausgehen, dass die Mitarbeiter über klare Zielvorgaben, genau definierte Aufgaben und stete Kontrolle geführt werden müssen, haben andere längst erkannt, dass Unternehmen, wenn sie Talententwicklung ernst nehmen und ihre qualifizierten Mitarbeiter nicht an die Konkurrenz verlieren wollen, die Person mit ihren Kompetenzen, Fähigkeiten aber auch Bedürfnissen in den Blick nehmen müssen. Steigende Burnout-Raten sowie junge Menschen, die nicht mehr führen wollen, verdeutlichen, dass ein Umdenken gefragt ist.

 

Führungskräfte im Dilemma

Führungskräfte sind vom Wandel unmittelbar betroffen. Sie wollen natürlich gute Führungskräfte sein und haben längst begriffen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur flexiblere Arbeitszeiten brauchen, um den diversen Anforderungen zwischen Karriere und Kind oder Pflege gewachsen zu sein. Sie sehen auch die damit verknüpfte stärkere Individualisierung und den Wunsch der Genreration Y nach mehr Selbstbestimmung. Dabei erleben erfahrene Führungskräfte, dass junge Menschen heute Karriere nicht mehr um jeden Preis machen wollen. Dabei sehen Sie aber auch sich selbst. Wer löst denn ihr Dilemma, einerseits Verständnis zu haben für die Mitarbeiter aber andererseits auch die eigenen Grenzen wahrzunehmen und auf sie zu achten?

 

Sensibilität für Gender Equality gefordert

Und da ist dann auch noch die Genderfrage, die über die sogenannte Frauenquote in den Fokus gerückt ist. Wer hätte das gedacht: Obwohl die Unternehmen bis zum Schluss nicht an sie geglaubt haben, wurde Ende 2015 mit dem neuen „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“, kurz FührposGleichberG, die Frauenquote vom Gesetzgeber verabschiedet. Damit hat die Politik ein Signal gesetzt: 10 Jahre Selbstverpflichtung ohne nennenswerte Erfolge sind genug. Nun muss gehandelt werden, müssen sich die Unternehmen überlegen, wie sie die Zukunft gestalten wollen und damit im Hier und Jetzt beginnen. Die Führungskräfte sind plötzlich gefragt, ihr eigenes Tun in Bezug auf Diversity zu reflektieren und nicht selten ihr Verhalten zu ändern, vielleicht sogar umfassende Change-Prozesse zu begleiten. Das stellt insbesondere für diejenigen eine Herausforderung dar, die mit dem traditionellen Familienbild aufgewachsen sind und dieses auch selbst gelebt haben.

 

Mit Mentoring damit umgehen lernen

Jede und jeder, die führt, kann zwar auf die Erfahrungen erfahrener Führungskräfte zurückgreifen, muss sich aber dennoch selbst überlegen wie er oder sie führen möchte. Was bietet sich da besser an als der Austausch mit einer Person, die schon mehr Erfahrung hat und diesen Dilemmata häufiger begegnet ist. Viel Erfahrung heißt damit nicht notwendigerweise, für sich durchweg langfristige und nachhaltige Lösungen zu finden, sondern verstanden zu haben, dass die relevanten Fragen immer wieder auftauchen, und stets neuer Antworten bedürfen. Zeiten verändern sich und mit ihnen die Menschen. Im Mentoring geht es letztlich darum, dass Führungskräfte verschiedener Ebenen die Gelegenheit bekommen, sich mit dem auseinander zu setzen, was tagtäglich auf sie einwirkt. Die Cross Mentoring Programme von Cross Consult, ob in München, Frankfurt, Augsburg oder Münster bieten Mentees und Mentorinnen und Mentoren die Möglichkeit des unternehmensübergreifenden Dialogs, um sich gemeinsam auf den Weg zu machen, um viele dieser Fragen im Dialog zu reflektieren. Manche der Fragen sind ganz individuell, andere tauchen überall auf. Dabei geht es nicht immer nur um die Bewältigung von Problemen, sondern um gemeinsame Reflexionsprozesse, gegenseitiges Feedback, und manchmal auch um eine gemeinsame Lösungssuche.

 

Autorin: Dr. Nadja Tschirner, Geschäftsführerin Cross Consult GbR

 

Das Zitierte Werk „Cross Mentoring – Ein erfolgreiches Instrument organisationsübergreifender Personalentwicklung“ wurde von Michael E. Domsch, Désirée H. Ladwig und Florian C. Weber herausgegeben und ist im Springer Gabler Verlag erscheinen.