Die Digitalisierung weht bei nahezu allen deutschen Unternehmen über die Flure. Auf den Vorstandsetagen genauso wie in Produktionshallen. In Personalabteilungen ebenso wie in der IT. Die Changeprozesse der Digitalisierung verändern Arbeitsmethoden und Arbeitskultur zum Teil fundamental. Das hat natürlich auch Konsequenzen für die Anforderungen an Mitarbeiter. Sie benötigen zunehmend andere Kompetenzen, um optimale Ergebnisse unter neuen Vorzeichen zu erzielen. Fachkompetenzen bilden nach wie vor die Grundlage einer wertvollen Arbeitskraft. Doch ist Wissen im Zeitalter von Industrie 4.0 zu einem schnell überholen Gut geworden und hat durch die ständige Verfügbarkeit und Abrufbarkeit an Exklusivität verloren. Zunehmend rücken „Softskills“ auf der Prioritätenliste von Arbeitgebern nach oben, die vor zehn Jahren höchstens in Grundschulzeugnissen standen. Aber ja, Unternehmen wollen heute Talente, die neugierig durch die Welt gehen wie entdeckungsfreudige Kinder! Neugier ist eine der Top-Kompetenzen, die den Mitarbeiter dazu befähigen, die schnellen Veränderungsprozesse durch die Digitalisierung bestmöglich zu bewältigen und den entscheidenden Vorteil für Unternehmen zu bringen.

 

Diese Kompetenzen sind in Zeiten der Digitalisierung gefragt:

  • Entwicklungsbereitschaft: So schnell wie neue IT-Tools auf den Markt kommen, so schnell können sich auch Arbeitsprozesse in technologiegetriebenen Unternehmen verändern – in manchen Bereichen halbjährlich. Facharbeiter konnten früher ihre in der Ausbildung erworbenen Fertigkeiten fast ein ganzes Arbeitsleben lang anwenden. Heute ändern sich die Anforderungen in viel schnelleren Zyklen. Daher ist die Bereitschaft, diese schnellen Entwicklungen mitzugehen, Veränderungen positiv anzunehmen und sich in neue Bereiche schnell einarbeiten zu können, eine zentrale Kompetenz für Unternehmen. Stichwort: Lebenslanges Lernen!

 

  • Lösungsorientiertes Denken: Das Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ändert sich im Zuge der Digitalisierung und der dezentralen Arbeit ebenfalls. Wenn ein Problem auftritt, an die Tür des Chefs zu klopfen und ihn zu fragen, wie es gelöst werden kann – diese Form der Obrigkeitshörigkeit ist in der modernen Arbeitswelt theoretisch nicht mehr vorgesehen. Führungskräfte werden zu Managern ihres Teams und unterstützen den Mitarbeiter dabei, eigenständig und autark Projekte bearbeiten zu können. Mitarbeiter, die in diesem Arbeitsverhältnis nicht gleich vor dem ersten Problem kapitulieren, sondern kreative Wege suchen, um neue Lösungen zu finden, sind heute gefragt!

 

  • Kritisches Denken: Mit dem sich wandelnden Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter wird auch die Fähigkeit Dinge zu hinterfragen immer wichtiger. Typische Ja-Sager, die blind Befehle von oben ausführen, bringen Unternehmen nicht mehr weiter. Den Unterschied zwischen Fortschritt und Stillstand machen mitdenkende Mitarbeiter. Wollen Unternehmen nur noch Leute, die alles kritisieren? Nein, das sicher auch nicht. Eine gute Mischung aus positiver Kritik und konstruktiven Verbesserungsvorschlägen garantiert Erfolg.

 

  • Emotionale Intelligenz: In dieser Hinsicht werden uns Maschinen nie das Wasser reichen können! Daher wird emotionale Intelligenz, also die Fähigkeit, die Bedürfnisse anderer Menschen zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren, zu einem der Top Skills in naher Zukunft werden. Empathiefähigkeit spielt dabei ebenso eine Rolle wie das Wahrnehmen und Kontrollieren eigener Emotionen. Für die Besetzung von Führungspositionen wird die emotionale Intelligenz bereits jetzt als wichtiger erachtet als der Intelligenzquotient.

 

  • Selbstorganisation: Homeoffice, Telearbeit, Mobile Working, flexible Arbeitszeiten – die Freiheiten, die Mitarbeiter von ihren Unternehmen zur Gestaltung ihrer Arbeit erhalten werden immer größer. Was zählt sind die Ergebnisse. Wann und wo diese Ergebnisse erarbeitet werden, rückt immer weiter in den Hintergrund. Diese Freiheiten bringen viele Vorteile für den Einzelnen mit sich, doch verlangen sie auch ein Höchstmaß an Selbstorganisation und Selbstdisziplin. Ein Beispiel: Wenn man sich die Freiheit gönnt, bei Badewetter das Büro mittags zu verlassen, muss man auch die Disziplin aufbringen, sich abends zu Hause nochmals hinzusetzen und konzentriert zu arbeiten.

 

  • Priorisierung: Die Aufgaben-Taktung in Unternehmen wird durch die beschleunigten Prozesse immer höher. Das erfordert auch andere Methoden der Bearbeitung. Wer nach dem Motto „eins nach dem anderen“ arbeitet, wird schnell das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr sehr. In agilen Projektmanagement-Tools wie „Scrum“ arbeiten viele Mitarbeiter an vielen Projekten gemeinsam in unterschiedlichen Zyklen und verschiedenen Rollen. Eine Priorisierung von Aufgaben ist dem System immanent. Doch auch abseits agiler Projektarbeit müssen Mitarbeiter bei einer Vielzahl von Aufgaben zwischen dringenden und weniger dringenden, kurzfristigen und langfristigen sowie zwingend notwendigen und obligatorischen Erledigungen priorisieren und gegebenenfalls auch einmal etwas ablehnen können!

 

  • Neugier: Während der Begriff unter „Erwachsenen“ auch eine negative Konnotation als Sensationslust erfahren hat, stellen sich Recruiter aktuell darunter vor allem aufgeschlossene Talente vor, die den Mut haben, neue Wege zu gehen, sich auf Innovationen einzulassen und positiv auf Veränderungen zuzuschreiten. Das muss nicht zwangsläufig im technologischen Bereich sein. Das kann sich z.B. auch auf Lebens- und Arbeitsmodelle beziehen oder auf Konsum- und Dienstleistungstrends. Wie eingangs beschrieben: Sich eine kindliche Neugier zu erhalten gilt heutzutage nicht als unreif sondern als fortschrittlich.

 

Diese Kompetenzen spielen nicht nur bei der Suche neuer Talente für Unternehmen einen große Rolle, sondern auch bei der Weiterentwicklung von bestehenden Mitarbeitern. Die Unternehmen, die das Memorandum für Frauen in Führung unterschrieben haben, nehmen sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig dem Thema „Talente“ an und beleuchten es in regelmäßigen Kompetenzforen in allen Facetten – vom Recruiting, über die Entwicklung, und dem Management bishin zur langfristigen Bindung. Ihre Antworten, konkrete Praxisbeispiele sowie wissenschaftliche Erkenntnisse rund um diesen Themenkomplex, finden sich im Laufe des gesamten Jahres immer wieder hier auf dem Blog.

Das Memorandum für Frauen in Führung ist ein Zusammenschluss 18 namhafter Unternehmen, die sich gemeinsam den Anforderungen der Zeit stellen und sich gegenseitig dabei unterstützen, innovative, flexible, gendergerechte und damit attraktive und zukunftssichere Arbeitgeber zu bleiben.

 

Autorin: Julia Schmid

Was ist eigentlich genau mit dem Begiff „Talent“ gemeint? Wer ist ein Talent und wie werde ich eins. Das erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag:

Was ist eigentlich dieses „Talent“?


Der Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Versorgungskammer, Daniel Just, schildert im Interview, was moderne Arbeitgeber ihren Top-Talenten heute bieten müssen:

„Erst durch Individualität entsteht ein runder Mensch“ – Vorstandsgespräch mit Daniel Just, BVK