Martina Staudinger (Geschäftsführerin der mediascale GmbH & Co.KG), ein Unternehmen der Serviceplan Group) erzählt ihre Erfahrungen  zum Thema „Basis für eine Karriere mit „Kind und Kegel“ – Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Medienbranche“.

 

Frau Staudinger, Sie sind Geschäftsführerin der mediascale, einem Unternehmen der serviceplan Gruppe, und damit eine der wenigen Frauen in der Geschäftsführung. Wie haben Sie es geschafft in die Männerdomäne vorzudringen?

Die Mediascale sollte sich von einer reinen Digitalagentur zu einer integriert beratenden und planenden 360° Mediaagentur weiterentwickeln, um den Kunden ein ganzheitliches Angebot zu bieten.

Hier liegt meine fachliche Kernkompetenz. Schon Anfang 2000 hatte ich die erste Intermedia-Unit bei der Mediaplus/Plan.Net mitgegründet und zu einer rentabel arbeitenden Einheit geführt.

Hinzu kam, dass ich schon lange mit der Mediascale und den beiden Geschäftsführern Wolfgang Bscheid und Julian Simons zusammengearbeitet habe. Da hat die Chemie gepasst und wir wussten, dass dies auch menschlich funktionieren wird.

Gelegenheit und Qualifikation haben also perfekt zusammengepasst, als sich das Angebot ergeben hat, als Geschäftsführerin von der Mediaplus zur Mediascale zu wechseln.

 

Das Agenturleben verlangt besonderen Einsatz. Sie arbeiten Teilzeit? Wie konnten Sie Ihr Umfeld davon überzeugen, dass dieser herausfordernde Job auch in Teilzeit gemacht werden kann? Wieviel Überzeugungsarbeit mussten Sie leisten?

Nein, seitdem ich Geschäftsführerin bin, arbeite ich wieder Vollzeit. Das eine Geschäftsführerposition auch in Teilzeit machbar ist, beweist Wolfgang Bscheid, der als Geschäftsführer der Mediascale in Teilzeit tätig ist.

 

Mussten Sie sich alleine durchboxen, oder hatten Sie auf Ihrem Weg Unterstützer:innen?

In meiner gesamten Karriere gab es immer wieder Mentoren und Mentorinnen, die mich bestärkt und unterstützt haben. Das war und ist sehr hilfreich, da man manchmal einfach eine:n vertrautensvolle:n Gesprächspartner:in braucht.

 

Welche Eigenschaften mussten Sie mitbringen, um als einige der wenigen Frauen in der Geschäftsführung akzeptiert zu werden?

Ich denke, dass ich keine frauenspezifischen Eigenschaften dafür benötigt habe. Wir Geschäftsführer:innen werden an unseren Leistungszielen und Erfolgen gemessen. Die Mediascale ist gewachsen, seitdem ich Geschäftsführerin bin und kann Kunden integriert beraten. Das zeigt am besten, dass ich meinen Job gut mache und verschafft mir die Akzeptanz.

Es ist mir aber sehr wichtig, nicht nur den unternehmerischen Erfolg zu sehen. Ich persönlich sehe die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, als wesentlich wichtiger. Jeder hat seine Stärken, sollte sich entsprechend einbringen können. Verlässlichkeit und Vertrauen sind daher in unserem Geschäftsführungskreis unerlässlich, um gemeinsam Entscheidungen zu treffen.

 

Sie sind Geschäftsführerin und Mutter zweier Söhne. Was hat Ihnen bisher am meisten geholfen, Karriere und Familie unter einen Hut zu kriegen?

Ehrlich gesagt, war und ist dies mein Mann. Er hat von Anfang an bei der Kinderbetreuung unterstützt und mich darin bestärkt, meinen Weg zu gehen. Gerade als ich vor der Entscheidung stand Geschäftsführerin zu werden und wieder Vollzeit zu arbeiten, hat er mir Mut gemacht.

 

Beides zu vereinbaren, wird oft als Doppelbelastung gesehen? Gibt es aber vielleicht auch einen doppelten Gewinn? Worin besteht der?

Für mich war es immer eine große Bereicherung beides erleben zu dürfen: Erfolg und Bestätigung im Beruf und ein zumeist glückliches Familienleben. Da hilft es natürlich sehr, dass ich ein Talent zum Planen und Organisieren habe und ein Netzwerk, das in schwierigen Situationen einspringen kann. Es läuft auch nicht immer alles rund und viel Energie für Freizeitaktivitäten bleibt oft nicht. Die gemeinsame Zeit muss man dann einfach intensiver genießen und akzeptieren, dass jeder seine Zeit zur Regeneration braucht, auch die Kids. Diese sind durch die Betreuungszeiten auch gefordert und haben oft einen langen Tag.

 

Meistens werden Frauen gefragt, wie sie das eigentlich hinkriegen. Die Väter werden in der Diskussion häufig vergessen. Ein Stichwort im Zusammenhang mit Vereinbarkeit ist der „mental load“, also die Aufteilung der Verantwortung und nicht nur der ToDos? Wie haben Sie es geschafft, eine gute, für beide tragfähige Vereinbarung mit Ihrem Mann zu treffen? Was können Sie jungen Frauen diesbezüglich an Ermutigung mitgeben?

Beide Elternteile müssen das von vornherein wollen und sich auf die Situation einlassen. Auch für die Väter heißt das, abends früher nach Hause kommen, zu Hause zu bleiben, wenn das Kind krank ist, spontan das Kind aus der Kita abholen oder Elternabende wahrnehmen. Klare Absprachen sind absolute Voraussetzung, damit es reibungslos funktioniert. Gerade wenn es mal Herausforderungen gibt, die spontan und unerwartet kommen. Dann ist von beiden Kreativität und Flexibilität gefordert.

 

Sie sind mit dem bisher Erreichten für viele Frauen ein Vorbild. Wie gelingt es Ihnen andere Frauen zu ermutigen, einen ähnlichen Weg zu gehen?

Jede Frau muss für sich selbst entscheiden, ob sie eine Führungsposition übernehmen möchte und wann sie dazu bereit ist. Es bedeutet auch viel Verzicht und Kraft bei der Umsetzung.

Bei meinen Mitarbeiterinnen fördere ich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und möchte es ihnen ermöglichen, eine Familie zu gründen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben oder sogar Angst, sich dadurch Karrierechancen zu verbauen. Ich freue mich, wenn eine Mutter meist schon in der Elternzeit in Teilzeit zu uns zurückkommt. Wir finden dann sehr individuelle Lösungen, die zur persönlichen Situation passen. Ich habe sehr großes Verständnis für ihre Bedürfnisse und es ist mir wichtig, dass wir als Agentur offen sind für neue Arbeitsmodelle.

 

Sie sind nun schon zum zweiten Mal Mentorin im Cross-Mentoring München, einem unternehmensübergreifenden Programm zur Förderung weiblicher Führungskräfte? Was war bisher Ihre wichtigste Erkenntnis als Mentorin? Was wäre Ihr entscheidender Karrieretipp, den Sie jungen Frauen mitgeben würden?

Meine wichtigste und schönste Erkenntnis als Mentorin war bisher, dass ich miterleben durfte, wie meine Mentees sich persönlich und beruflich weiterentwickelt haben und dass ich einen kleinen Teil dazu beigetragen habe. Das wertschätzende Feedback, das ich bekomme, tut auch mir gut und motiviert mich, mich als Mentorin zu engagieren.

Mein Karrieretipp: Habe eine positive Einstellung zu Dir und dem, was Du machst. Sei optimistisch. Wenn mal etwas misslingt oder Du scheiterst, dann lass Dich nicht entmutigen, sondern nimm eine positive Erkenntnis aus dem Erlebnis mit, so klein und unscheinbar sie auch sein mag. Es bringt nichts, sich aufzuregen oder sich zu ärgern, über Dinge, die man nicht ändern kann.

 

Erfolgreiche Frauen wandeln auf einem schmalen Grad zwischen Kompetenz demonstrieren und sympathisch rüberkommen. Das eine scheint das andere manchmal auszuschließen. Wie haben Sie diesen schmalen Grad für sich selbst erlebt?

Ehrlich gesagt, sehe ich keinen Widerspruch zwischen Kompetenz und Sympathie. Ich habe das noch nie als schmalen Grad betrachtet. Wenn man seine Arbeit mit Leidenschaft macht und fachliche Kompetenz besitzt, kann man souverän auftreten und wirkt dabei trotzdem sympathisch, weil man authentisch ist. Es allen recht zu machen, kann man ohnehin nicht leisten.

 

Frau Staudinger, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch und die tollen Einblicke.

 

Das Interview führte Dr. Nadja Tschirner, Geschäftsführerin der Cross Consult GbR