Auftakt in Augsburg
Am Dienstag, den 12. Juni, war es endlich soweit – das Cross-Mentoring Programm Augsburg ging in die 8. Runde.
Cross-Mentoring ist ein unternehmsübergreifendes Mentoring-Programm. Liegt normalerweise ein Fokus des Programms auf der zielgerichteten Unterstützung von Frauen in Führungspositionen, geht es in Augsburg ganz unabhängig von genderspezifischen Themen vor allem um den Austausch zwischen den Branchen und um den Aufbau eines langfristigen Netzwerkes. Erfahrene Führungskräfte begleiten ein Jahr lang einen Mentee bei ihrem oder seinem beruflichem Werdegang und bringen ihr Fachwissen, ihren reichhaltigen Erfahrungsschatz und ihre persönliche Perspektive in ein intensives Arbeitsverhältnis ein. In so einer Mentoring-Beziehung ist klar, dass beide Seiten profitieren, Impulse aufnehmen und sich persönlich weiterentwickeln.
Um Impulse und Perspektiven ging es auch während der Auftaktveranstaltung im Fürstensaal des Augsburger Rathaus. Das erste offizielle Zusammentreffen von Mentees und den Mentorinnen und Mentoren wurde festlich begangen. Aus Stuttgart reiste die Arbeitsforscherin Frau Dr. Anne-Sophie Tombeil an, die in einem spannenden und detailreichen Vortrag drei große Trends des zukünftigen Arbeitsmarktes skizzierte: die fortschreitende Digitalisierung, den soziokulturellen Wandel und die Veränderung der Unternehmenskultur von einer Produkt- hin zu einer Dienstleistungslogik.
Unter dem Titel – digital, vernetzt, menschlich – ging sie insbesondere darauf ein, dass die Arbeitsformen der Zukunft gestaltbar sind – von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von Führungskräften und von Konsumenten. Wo können wir also die Initiative ergreifen?
Die digitale Revolution
Zum einen, so die These, wird im Rahmen der Industrie 4.0 noch eine viel tiefgreifende Automatisierung von Tätigkeiten stattfinden. Wo digitale Produktionsprozesse und künstliche Intelligenz in der Lage sind, Routinearbeiten zu übernehmen, wird menschliches Potenzial frei. Und dieses Potenzial brauchen wir. Denn die Entscheidungen, auf welche Ziele Unternehmen zusteuern, welche Projekte wie umgesetzt werden, sind Entscheidungen, die nur kreative, emotionale und soziale Intelligenz beantworten kann. Das wird ganz deutlich an der Datenwirtschaft. Es ist hier bereits eine große Anzahl von Datensätzen vorhanden. Und in jedem Unternehmen können enorme Massen an neuen Daten erhoben werden. Aber wird diese Ressource eigentlich richtig genutzt? Nach welchen Kriterien wollen wir die Daten untersuchen und einsetzen? Was für ein Ziel angestrebt und mit welchen Mitteln es erreicht werden soll, sind Fragestellungen, mit denen sich Führungskräfte stärker denn je auseinandersetzen müssen. Frau Dr. Tombeil machte allerdings auch darauf aufmerksam, dass nur ein Bruchteil der Deutschen Unternehmen diese Herausforderungen wirklich erkennt: Die Frage, ob die neuen Produktionsmöglichkeiten, die sich durch künstliche Intelligenz ergeben, als relevant erachtet werden, hatten die meisten Unternehmen laut einer Studie des Kantar TNS von 2017 verneint.
New Work
Auch der Wandel, der sich durch eine neue Generation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ergibt, stellt Führungskräfte vor große Herausforderungen. Sind Unternehmen auf flexible Arbeitsmodelle, in denen die klassische Büroarbeit verschwindet, wirklich eingestellt? Können Sie den Bedürfnissen, nach denen Arbeit Sinn stiften und Möglichkeiten der Selbstverwirklichung bereitstellen soll, wirklich entsprechen? Sind sie in der Lage, Arbeit dynamisch und mit flachen Hierarchien zu organisieren? Ein interessanter Aspekt kam in der anschließenden Diskussion auf. Denn inwiefern ist der Arbeitnehmerschutz, der durch die Gewerkschaften errungen und durch Institutionen wie die Betriebsräte garantiert wird, noch anschlussfähig in einer Generation, für die Mobilität und ein steigendes Verschmelzen von Arbeit und Privatleben ganz normal sind?
Guter Service für jeden Nutzer
Nicht zu unterschätzen ist ein weiterer Trend, den Frau. Dr. Tombeil portraitierte. Kauften wir früher meist Produkte, so verschiebt sich der Erwerb heutzutage zu Nutzungsrechten. Geteilte Plattformen, geteilte Autos, geteilte Musik – wie wirkt sich das auf klassische Produktanbieter aus? Was zukünftig noch wichtiger wird, so die These, ist die Fähigkeit, Zielgruppen zu lokalisieren und Servicedienstleistungen passend zu vermarkten. Dies erfordert natürlich eine hohe Anpassungsfähigkeit und eine Mentalität, die sich an der Befriedigung von Kundenbedürfnissen stärker orientiert als an der losgelösten Optimierung von Produkten. Eine überraschende Einsicht verbarg sich dahinter: der Motor der Innovation wird immer weniger die Industrie. Stattdessen werden neue Impulse aus der Lebenswelt der Verbraucher in die Wirtschaft schwappen.
Ein neuer Führungsstil
Wer sich auf diese Trends einstellen will, muss Haltung einnehmen. Führungskräfte müssen stärker zuhören, beobachten und Netzwerke einbinden, um ihre Ziele zu erreichen. Die Führung von morgen koordiniert vielfältige Teams, bewältigt immer neue Aufgaben und pflegt einen offenen Umgang mit allem, was jenseits des eigenen Tellerrands liegt. Das ist eine Herausforderung – und zugleich eine Chance, eine menschliche, vielfältige und inspirierende Arbeitswelt zu schaffen.
Für die Auftaktteilnehmer in Augsburg war dieser Überblick ein guter Startpunkt, selbst den Perspektivenwechsel einzunehmen. Denn der branchenübergreifende Cross-Mentoring-Ansatz, so war zu hören, verkörpert selbst schon einen Teil der Arbeitswelt von morgen.
Autor: Maximilian Priebe
Den Herausforderungen der Digitalisierung stellt sich auch der Bayerische Rundfunk – und teilte seine Erfahrungen mit den beteiligten Unternehmen des Cross-Mentorings München:
Die Frage, was gute Führung ausmacht und welche Führungstypen es gibt, beleuchtet folgender Blogbeitrag: